OB Dr. Schuster und EBM Föll zu den Stadtfinanzen

  • Jahresabschluss 2010 vorgelegt
  • Zwischenbericht 2011 mit finanziellen Verbesserung
  • Eckdaten zum Doppelhaushalt 2012/2013

Mit einem Überschuss von 46,8 Mio. Euro in der Ergebnisrechnung und einem Defizit von 48,1 Mio. Euro in der Gesamtfinanzierungsrechnung (einschließlich Investitionen) konnte das Jahr 2010 abgeschlossen werden.

Wie Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster und Erster Bürgermeister Michael Föll erläuterten, konnte damit die rasante Talfahrt zunächst gestoppt und die Stadtfinanzen wieder in ein etwas ruhigeres Fahrwasser geleitet werden. Im Wesentlichen ist dies auf Steuermehreinnahmen und die vielfältigen Konsolidierungsbemühungen zurückzuführen.

Im Hinblick auf die absehbaren Verbesserungen, insbesondere eines einmaligen Sondereffekts bei der Gewerbesteuer, wird nach dem Finanzzwischenbericht auch im Haushaltsjahr 2011 mit einem positiven Abschluss gerechnet, der es möglich macht, die vom Gemeinderat beschlossene Beteiligung am Konsortium zum Erwerb der LBBW-Wohnimmobilien über einen Nachtragshaushaltsplan zu finanzieren.

„Wir sind sehr viel besser als noch vor zwei Jahren erwartet durch die Wirtschafts- und Finanzkrise gekommen. Das darf aber kein Grund sein - insbesondere im Blick auf die vorliegenden Eckdaten für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 - übermütig zu werden. Es ist ein Gebot der Vernunft, die Ausgabendisziplin beizubehalten“, so Oberbürgermeister Dr. Schuster. Der OB wies darauf hin, dass für die kommenden zwei Jahre allenfalls von bescheidenen Überschüssen auszugehen ist. Zumal in den Eckdaten die Fortführung des Schulsanierungsprogramms, der Ausbau der Ganztagesschulen sowie der weitere Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen noch nicht enthalten sind. Hierüber muss der Gemeinderat in den Haushaltsberatungen entscheiden.

Jahresabschluss 2010

Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster: „Mit dem Ergebnis der vorläufigen Jahresrechnung 2010 von 46,8 Mio. Euro und dem Defizit von 48,1 Mio. Euro in der Finanzierungsrechnung können wir angesichts der schwierigen Ausgangslage, vor der die Landeshauptstadt ebenso wie die anderen öffentlichen Körperschaften vor zwei Jahren standen, zufrieden sein“. Dass es nicht deutlich schlimmer gekommen ist, lag an der raschen wirtschaftlichen Erholung, aber auch – wie Erster Bürgermeister Michael Föll ergänzte – daran, dass die Landeshauptstadt zügig und wirksam mit der Erarbeitung und Umsetzung eines Haushaltssicherungskonzepts auf die damaligen Rahmenbedingungen reagierte. „Ohne die damit erwirtschafteten Verbesserungen in der Größenordnung von rd. 60 Mio. Euro in 2010 hätten wir im Abschluss keinen Überschuss, sondern einen Fehlbetrag ausweisen müssen.“

Aufgrund der Entwicklung in 2010 konnte die gesetzliche Vorgabe, mit den laufenden Erträgen zumindest die laufenden Aufwendungen (einschließlich Abschreibungen) zu erwirtschaften, erreicht werden. Mehrerträgen in Höhe von 293,1 Mio. Euro stehen Mehraufwendungen von 120,6 Mio. gegenüber; die Verbesserung beläuft sich damit per Saldo auf 172,5 Mio. Euro, sodass im Ergebnis der veranschlagte Fehlbetrag von 125,7 Mio. abgedeckt und zudem ein Überschuss von 48,6 Mio. Euro erzielt werden konnte.

Die Verbesserungen sind im Wesentlichen auf Mehrerträge bei den Schlüsselzuweisungen vom Land (105,3 Mio. Euro), der Gewerbesteuer (49,7 Mio.), dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (23,5 Mio.), der Grunderwerbsteuer (7,6 Mio.), dem Familienleistungsausgleich (6,8 Mio.) und weiteren allgemeinen Zuweisungen in Höhe von 17,1 Mio. Euro zurückzuführen. Hinzu kommen Mehrerträge beim sog. Sonderergebnis (15,5 Mio.) vor allem durch Erträge aus der Veräußerung von Grundstücken über den Buchwerten.

Die Verschlechterungen beruhen hauptsächlich auf Mehraufwendungen aufgrund der Bildung von Rückstellungen in Höhe von 104,2 Mio. Euro (u.a. für die Zusatzversorgung und die Abdeckung in 2010 eingegangener Verpflichtungen) sowie 33,7 Mio. Euro Erstattungszinsen für Steuerrückzahlungen.

Wie Erster Bürgermeister Michael Föll erläuterte, mussten in 2010 im Hinblick auf die Liquiditätslage keine Kreditaufnahmen getätigt werden. Dies, so der Finanzbürgermeister, heißt allerdings nicht, dass deshalb für die in 2010 veranschlagten Investitionen kein Kreditbedarf mehr besteht: „Der Kreditbedarf verringert sich um die in 2010 erwirtschaften Verbesserungen von 220,4 Mio. wie ursprünglich im Haushaltsplan vorgesehen auf 48,1 Mio. Euro. In dieser Höhe ist eine Kreditermächtigung zur Finanzierung des beschlossenen Investitionsprogramms weiterhin notwendig, die ins Folgejahr übertragen wird.“ Die Kredittilgung belief sich in 2010 auf 17,0 Mio. Euro, so dass sich der Schuldenstand des Stadthaushalts auf 62,4 Mio. Euro zum 31.12.2010 verringert hat. Das sind 103 Euro je Einwohner.

Die Schulden der Eigenbetriebe am Kreditmarkt erhöhten sich demgegenüber um rd. 33 Mio. EUR auf 370,8 Mio. Euro (darunter Stadtentwässerung 248,2 Mio. und Abfallwirtschaft 60,0 Mio. Euro, die über Gebühren refinanziert werden). Zum 31.12.2010 betrug deshalb der Gesamtschuldenstand der Landeshauptstadt Stuttgart 433,2 Mio. Euro oder 714 Euro je Einwohner.

Im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2010 hat der Erste Bürgermeister nochmals auf die Eröffnungsbilanz zum Stichtag 1.1.2010 hingewiesen, die die Landeshauptstadt im Zuge der Umstellung des Rechnungswesens von der Kameralistik auf die Doppik erstellt hat. Nach der vorläufigen Schlussbilanz für 2010 beläuft sich die Bilanzsumme auf 7,65 Mrd. Euro und das Basiskapital auf 5,77 Mrd. Euro. Die Eigenkapitalquote liegt demnach bei 76 %, unter Einbeziehung der Sonderposten sogar bei 90 %.

Finanzzwischenbericht und Nachtragshaushaltsplan 2011

Aufgrund eines einmaligen Sondereffekts bei der Gewerbesteuer sind für 2011 deutliche Verbesserungen absehbar. Dies erklärte Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster bei der Erläuterung des Finanzzwischenberichts 2011.

Mehrerträgen bei der Gewerbesteuer von netto (also nach Abzug der Gewerbesteuerumlage) 184 Mio. Euro, beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer

(7 Mio.) und den Schlüsselzuweisungen (37 Mio.) sowie Entlastungen bei den Zinsausgaben (16,8 Mio.) aufgrund der zeitlichen Verzögerung bei der Aufnahme von Krediten stehen Mehraufwendungen bei den Personalkosten von 13,4 Mio. Euro (die über die Deckungsreserve abgedeckt werden) und bei der Bildung von Rückstellungen von 44 Mio., die zum Ausgleich der in 2011 verbesserten Steuerkraft (mit der in 2013 geringere Schlüsselzuweisungen und eine höhere FAG-Umlage verbunden sind) notwendig werden, gegenüber. Hinzu kommen Mehrbelastungen aufgrund der vom Gemeinderat im Februar beschlossenen Aufstockung des 2. Sonderprogramms Schulsanierung von rd. 25. Mio. Euro.

„Nach der aktuellen Ergebnisvorschau kann für 2011 per Saldo von einer Verbesserungen in Höhe von 173 Mio. Euro ausgegangen werden. Insoweit ist es möglich, die angestrebte Beteiligung an der LBBW-Wohnimmobilien innerhalb der bestehenden Kreditermächtigung zu finanzieren“, so Erster Bürgermeister Michael Föll. Dafür sind rd. 151 Mio. Euro notwendig. Die verbleibenden Verbesserungen von 22,5 Mio. können zur Reduzierung der für 2011 veranschlagten Kreditaufnahme (187,4 Mio.) eingesetzt werden, so dass zur Finanzierung der im Doppelhaushalt 2010 / 2011 geplanten Investitionen noch ein Kreditbedarf von 48,1 Mio. (2010) und 164,9 Mio. Euro (2011), zusammen also 213 Mio. Euro notwendig ist.

Eckdaten zum Doppelhaushalt 2012 / 2013

Im Unterschied zu Bund und Land führt das bei der Mai-Steuerschätzung 2011 prognostizierte Steuermehraufkommen im Bereich der Kommunen zunächst nur zu vergleichsweise moderaten Verbesserungen. Erster Bürgermeister Michael Föll bestätigte damit seine im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Steuerschätzung abgegebene Bewertung. Aus heutiger Sicht ist bei der Landeshauptstadt im Planungszeitraum 2012 und 2013 nur mit einer überschaubaren Verbesserung bei den Haupteinnahmen zu rechnen.

Bei der Gewerbesteuer wird von einem Aufkommen von 520 Mio Euro in 2010 und 560 Mio. Euro in 2011 ausgegangen. Eine Erhöhung der Erträge und der Aufwendungen (jeweils um rd. 150 Mio. Euro) ist insbesondere auch mit der Übernahme der Aufgaben des JobCenters in die alleinige städtische Trägerschaft verbunden.

Mehraufwendungen gegenüber der Finanzplanung sind außerdem bei den Personalaufwendungen (2012: + 17,1 Mio. / 2013: + 13,6 Mio. Euro), bei der Gewerbesteuerumlage (2012: + 14,4 Mio. / 2013: + 15,4 Mio. Euro) und bei der Finanzausgleichsumlage (2012: + 32,2 Mio. / 2013: + 27 Mio. Euro) einzuplanen.

Nach der derzeitigen Planung der Eckdaten ergeben sich im Ergebnishaushalt geringfügige Überschüsse in Höhe von 22,0 Mio. Euro in 2012 und 9,4 Mio. Euro in 2013. Erster Bürgermeister Michael Föll: „Ohne die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung im Umfang jeweils rd. 70 Mio. Euro hätten wir in beiden Jahren wieder Fehlbeträge ausweisen müssen.“ Dies bestätigt nochmals den vor zwei Jahren eingeschlagenen Kurs, aber auch, dass von einer grundlegenden strukturellen Verbesserung noch nicht ausgegangen werden kann.

Unter Berücksichtigung des bestehenden Finanzierungsbedarfs für die 2010 und 2011 beschlossenen Investitionen mit einer Kreditermächtigung von insgesamt 213 Mio. und im Blick auf die anstehenden Aufgaben und den damit verbundenen finanziellen Belastungen, die bislang nicht in den Eckdaten enthalten sind und über die der Gemeinderat in den Haushaltsberatungen zu entscheiden hat wie beispielsweise die Fortführung des Schulsanierungsprogramms, den Ausbau der Betreuungsangebote in den Kindertageseinrichtungen, einem weiterer Ausbau der Ganztagesschulen, der Durchführung erwünschter Investitionen in den Bereichen Verkehr und Kultur, kann daher nicht von einer Entspannung der Haushaltssituation gesprochen werden, so der Erste Bürgermeister: „Anstatt einen bescheidenen Überschuss von 22 bzw. 9,4 Mio. € in der Ergebnisrechnung 2012/13 zu machen, müsste ein strukturell zufrieden stellender Ergebnishaushalt einen Überschuss von mindestens 200 Mio. Euro machen, damit zusammen mit den erwirtschafteten Abschreibungen von 125 Mio. Euro ein Betrag von mindestens 325 Mio. Euro als Finanzierungsmittel für die notwendigen Investition pro Jahr zur Verfügung steht. Davon sind wir leider sehr weit entfernt.“

Zusammenfassende Betrachtung

Wenngleich die Finanzlage in den Jahren 2010 und 2011 sich verbessert hat und für beide Jahre von wenigstens zufrieden stellenden Ergebnissen auszugehen ist, kann für die kommenden Jahre von einer nachhaltigen Entspannung nicht ausgegangen werden. Aufgrund der bestehenden Vorbelastungen und der anstehenden Aufgaben ist die Weiterführung einer soliden und sparsamen Finanzpolitik zwingend. Nur so kann strukturelle Unterfinanzierung des Stadthaushalts angegangen und die Kreditbelastung zur Finanzierung von Investitionen in Grenzen gehalten werden. Das haben Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster und Erster Bürgermeister Michael Föll deutlich gemacht, die im Zusammenhang mit den im Herbst anstehenden Haushaltsplanberatungen auf die erstmals vorgesehene Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger (sog. Bürgerhaushalt) hingewiesen haben.

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