„Neue Stuttgarter Erklärung gegen Ausgrenzung und für Erinnerungskultur“

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Stuttgart (gesamt)
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Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

410
weniger gut: -201
gut: 410
Meine Stimme: keine
Platz: 
949

Am 8. April 1933 erklärten 14 süddeutsche Fußballvereine, darunter auch Vertreter aus Stuttgart, ihre Absicht, jüdische Mitglieder aus den Vereinen auszuschließen. Diese sogenannte „Stuttgarter Erklärung“ markierte einen traurigen Wendepunkt, bei dem Antisemitismus und Ausgrenzung auch im süddeutschen Vereinsfußball Einzug hielten. Später wurde dies durch die Aufnahme des sogenannten „Arierparagraphen“ in Satzungen vieler Vereine umgesetzt.

91 Jahre später ist es unsere Verantwortung, als Stadt Stuttgart ein klares Zeichen gegen Ausgrenzung, Hass und das Vergessen zu setzen. Deshalb fordern wir:

Eine neue „Stuttgarter Erklärung“:
Gemeinsam mit Stuttgarter Sportvereinen, dem Gemeinderat und Vertreter*innen von Opfergruppen soll eine Erklärung gegen jede Form von Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus, Mobbing, Gewalt, Kindermissbrauch und politische Einflussnahme im Sport entwickelt werden. Sie soll die Werte von Toleranz, Respekt und Vielfalt bekräftigen.

Gedenktafel am Kickers-Stadion:
Die Stadt Stuttgart als Eigentümer des Stadions soll eine moderne, zeitgemäße Gedenktafel anbringen lassen, die an die Ausgrenzung jüdischer Mitglieder und die historischen Verbrechen erinnert. Diese Tafel soll ein Symbol gegen das Vergessen und für eine lebendige Erinnerungskultur sein.

Bildung und Fankultur:
Angesichts heutiger Vorfälle von Hass im Fußball, wie der Beschimpfung von Schiedsrichtern als „Juden… “, ist es notwendig, Bildung und Sensibilisierung in der Fankultur zu stärken. Sportvereine sollen verpflichtet werden, Programme zur Erinnerungskultur und Antidiskriminierung aktiv zu fördern.
Die Erinnerung daran, dass beim VfB Stuttgart bereits 1932 jüdische Mitglieder ausgegrenzt wurden, verpflichtet uns, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Dieses Bürgerbegehren soll ein Zeichen gegen das Vergessen und für ein respektvolles Miteinander setzen.

Wir bitten die Stadt 0711 und den Gemeinderat, sich dieser Verantwortung zu stellen.

Kommentare

8 Kommentare lesen

Finde ich einen guten Vorschlag. Wenn man daran denkt, dass heute bspw. AfD-Mitglieder und andere "falsch Denkenden" nicht selten aus Vereinen ausgeschlossen werden, sollte aktiv daran erinnert werden, wohin politische Ideologie führt, damit man nicht exakt dasselbe wiederholt wie damals, nur unter anderen Vorzeichen.

Es lohnt tatsächlich immer zurück zu schauen. Der Fußball war immer Magnet und Brot und Spiele. Die Stuttgarter Erklärung ist über 90 Jahre alt. Man traut sich nichts im öffentlichen Raum dazu aufzustellen. Für Stuttgart blöd gelaufen aber was soll oder was MUSS NS Erinnerungsarbeit?

@pdv: In manchen Ihrer zahlreichen Kommentare haben Sie ja durchaus recht, auch wenns mal etwas drastisch wird. Aber dieser Kommentar hier ist ja wohl völlig daneben. AfD-Mitglieder, die aus Sport-Vereinen ausgeschlossen werden (gibt es das, wieviele Fälle kennen Sie?), in einer vergleichbaren Opferrolle wie die jüdischen Mitglieder unter dem Nazi-Terror zu sehen - das ist einfach unsäglich!

Wes Geistes Kind pdv ist, war auch ohne diesen Kommentar klar, Bornheimer. Ideologen, das sind immer die anderen.

Die Familie Hanauer: Eine Stuttgarter Erfolgsgeschichte – verloren und neu erschaffen

Die Geschichte der Familie Hanauer ist eine von Talent, Vertreibung und Erneuerung. Sie ist ein Beispiel für das, was Stuttgart durch die nationalsozialistische Verfolgung für immer verloren hat – und zugleich eine Erfolgsgeschichte des Überlebens und Neuanfangs.

Ferdinand Hanauer und die Stuttgarter Kickers

Ferdinand Hanauer war ein engagierter Stuttgarter, ein leidenschaftlicher Anhänger der Stuttgarter Kickers und tief in der Stadtgesellschaft verwurzelt. Doch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 stellte ihn, wie so viele jüdische Bürger, vor eine grausame Realität.

Die sogenannte "Stuttgarter Erklärung" vom 9. April 1933 war ein Wendepunkt. Sie zwang die Verantwortlichen des Vereins, sich entweder den neuen Machthabern zu unterwerfen oder sich gegen den aufkommenden Antisemitismus zu stellen – mit drastischen Konsequenzen für ihre eigene Zukunft. Trainer Kern und viele andere Mitglieder, standen vor der Wahl: Prinzipientreue oder Anpassung. Die jüdischen Mitglieder des Vereins, darunter Ferdinand Hanauer, verloren nicht nur ihre Vereinszugehörigkeit, sondern auch ihr Zuhause, ihre Existenz und in vielen Fällen ihr Leben.

Vertreibung und Neubeginn in den USA

Die Familie Hanauer musste Stuttgart verlassen, um den Repressionen und der drohenden Vernichtung zu entkommen. In den USA begann sie sich ein neues Leben aufzubauen. Trotz des Verlusts von Heimat und sozialem Umfeld gelang es der Familie, in der neuen Welt Fuß zu fassen.

Einer der Nachfahren dieser Familie, Nick Hanauer, ist heute ein prominenter Unternehmer und Investor in den USA. Sein Erfolg zeigt, welches Potenzial Stuttgart durch die nationalsozialistische Verfolgung verlor – und welche Möglichkeiten jenen offenstanden, die dem Schrecken entkommen konnten.

Was wir als Stadtgesellschaft verloren haben

Die Familie Hanauer hätte Stuttgart mit ihrem Engagement, ihrem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beitrag bereichern können. Doch wie so viele jüdische Stuttgarter wurde sie aus der Stadt gedrängt, ihre Spuren wurden aus der Vereinsgeschichte der Kickers und aus dem städtischen Leben getilgt.

Diese Geschichte ist nicht nur eine Mahnung, sondern auch eine Verpflichtung: Die Erinnerung an jene, die vertrieben wurden, muss bewahrt werden. Denn nur so können wir als Gesellschaft verstehen, was verloren ging – und was nie wieder geschehen darf.

Ein Aufruf zur Erinnerung

Die Familie Hanauer hat ihre Wurzeln in Stuttgart, aber ihre Zukunft wurde ihr genommen. Umso wichtiger ist es, ihre Geschichte zu erzählen, damit nachfolgende Generationen verstehen, dass Integration, Vielfalt und Erinnerung essenzielle Bestandteile unserer Stadt sind.

Wir Kriegs Enkel Stuttgart, setzen uns dafür ein, die Biografien der Menschen / Familien zu rekonstruieren und ihre Geschichten wieder in das kollektive Gedächtnis der Stadt zurückzubringen. Wir hoffen auf Unterstützung von Nachfahren wie Nick Hanauer und seiner Familie, um das Vermächtnis ihrer Vorfahren zu bewahren.

Denn: Stuttgart hat durch die Vertreibung der Familie Hanauer nicht nur Menschen verloren – sondern auch einen Teil seines Herzens.

@Bornheimer: Wer aufgrund seiner Parteimitgliedschaft oder politischen Ansichten diskriminiertes wird, wie die von mir genannten AfD-Mitglieder und Sympathisanten (und nicht nur die), wird diskriminiert. Und anders als sie unterscheide ich nicht nach ausgedachten Klassen bei Diskriminierung. Diskriminierung ist immer falsch. Traurig, dass sie dies scheinbar anders sehen. Sehr traurig.

Darum ist es immer wichtig zurück zu schauen, egal ob das 100 oder 200 Jahre sind. Leider wiederholt sich vieles wieder. Gerade der Fussball war immer Magnet und wird zu gerne politisch verwendet. Blicken wir zurück, während der Corona Zeit, wie dort eine Gesellschaft gespalten worden ist, wie teilweise Grundrechte außer Kraft gesetzt werden sollten, wie Angst und Schrecken verbreitet wurde. Bleibt bitte sachlich, bleibt in eurer Mitte und glaubt immer daran, am Ende wird alles gut.