Wir beantragen die Erweiterung der NS-Erinnerungskultur in Stuttgart mit besonderem Fokus auf die historische Bedeutung der Grafeneckstraße. Diese Straße erinnert an das Schloss Grafeneck, eine der zentralen Tötungsanstalten im nationalsozialistischen Euthanasieprogramm „Aktion T4“. Zwischen 1940 und 1941 wurden dort mehr als 10.000 Menschen mit Behinderungen systematisch ermordet.
Trotz der immensen historischen Bedeutung der Grafeneckstraße ist dieses Kapitel der Geschichte in der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekannt. Wir fordern daher Maßnahmen, um die Erinnerung an die Opfer und die Rolle Stuttgarts sichtbarer und bewusster zu machen.
Begründung:
1. Die historische Tragweite der „Aktion T4“:
Die „Aktion T4“ war ein zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie, die Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen als „lebensunwert“ deklarierte. Schloss Grafeneck diente als erste systematische Tötungsanstalt des NS-Regimes. Die Opfer wurden selektiert, in Grafeneck ermordet und anonym in Massengräbern verscharrt.
Die ideologischen Wurzeln dieser Verbrechen reichen zurück bis zum Sozialdarwinismus, der die Idee der „natürlichen Auslese“ auf die Gesellschaft übertrug. Wissenschaftler wie Alfred Ploetz und Alfred Erich Hoche lieferten mit ihren Schriften die pseudowissenschaftliche Grundlage für die Euthanasieprogramme. Diese Ideologie prägte Adolf Hitlers Weltbild, wie er es in „Mein Kampf“ propagierte, und führte zu den Morden an den Schwächsten der Gesellschaft.
2. Die Rolle Stuttgarts:
Auch Stuttgart war in diese verbrecherischen Programme eingebunden. Viele Opfer der „Aktion T4“ stammten aus Stuttgart oder wurden von hier aus in die Tötungsanstalten deportiert. Dass eine Straße wie die Grafeneckstraße nach einer der zentralen Tatorte der NS-Euthanasie benannt ist, ohne dass ein öffentliches Bewusstsein für diese Geschichte besteht, zeigt die Dringlichkeit.
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