Stärkung der NS-Erinnerungskultur mit Fokus auf die Grafeneckstraße

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Stuttgart-Ost
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Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

385
weniger gut: -223
gut: 385
Meine Stimme: keine
Platz: 
1068

Wir beantragen die Erweiterung der NS-Erinnerungskultur in Stuttgart mit besonderem Fokus auf die historische Bedeutung der Grafeneckstraße. Diese Straße erinnert an das Schloss Grafeneck, eine der zentralen Tötungsanstalten im nationalsozialistischen Euthanasieprogramm „Aktion T4“. Zwischen 1940 und 1941 wurden dort mehr als 10.000 Menschen mit Behinderungen systematisch ermordet.

Trotz der immensen historischen Bedeutung der Grafeneckstraße ist dieses Kapitel der Geschichte in der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekannt. Wir fordern daher Maßnahmen, um die Erinnerung an die Opfer und die Rolle Stuttgarts sichtbarer und bewusster zu machen.

Begründung:
1. Die historische Tragweite der „Aktion T4“:

Die „Aktion T4“ war ein zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie, die Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen als „lebensunwert“ deklarierte. Schloss Grafeneck diente als erste systematische Tötungsanstalt des NS-Regimes. Die Opfer wurden selektiert, in Grafeneck ermordet und anonym in Massengräbern verscharrt.

Die ideologischen Wurzeln dieser Verbrechen reichen zurück bis zum Sozialdarwinismus, der die Idee der „natürlichen Auslese“ auf die Gesellschaft übertrug. Wissenschaftler wie Alfred Ploetz und Alfred Erich Hoche lieferten mit ihren Schriften die pseudowissenschaftliche Grundlage für die Euthanasieprogramme. Diese Ideologie prägte Adolf Hitlers Weltbild, wie er es in „Mein Kampf“ propagierte, und führte zu den Morden an den Schwächsten der Gesellschaft.

2. Die Rolle Stuttgarts:

Auch Stuttgart war in diese verbrecherischen Programme eingebunden. Viele Opfer der „Aktion T4“ stammten aus Stuttgart oder wurden von hier aus in die Tötungsanstalten deportiert. Dass eine Straße wie die Grafeneckstraße nach einer der zentralen Tatorte der NS-Euthanasie benannt ist, ohne dass ein öffentliches Bewusstsein für diese Geschichte besteht, zeigt die Dringlichkeit.

Kommentare

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Wir dürfen die Vergangenheit nicht verdrängen. Es ist unsere Pflicht,die Opfer der NS Euthanasieprogramme zu würdigen und die Geschichte sichtbar zu machen. Die Erweiterung der NS Erinnerungsarbeit an der Grafeneckstraße und die Benennung der namenlosen Staffel sind wichtige Schritte, um Stuttgart als Stadt der Verantwortung und Erinnerung zu positionieren.

Wir bitten Sie, diesen Antrag zu unterstützen und gemeinsam mit uns ein starkes Zeichen für eine lebendige und inklusive NS-Erinnerungskultur zu setzen.

Kriegs Enkel Stuttgart

Kleine Nachfrage: gerade in Bezug auf diesen Vorschlag und die Forderung wüsste ich einmal gerne, wie die so genannten "Kriegs Enkel Stuttgart“ eigentlich zur Problematik der Abtreibung von behinderten Kindern stehen. Ich freu mich auf die Antwort.

Ich hätte meine Kinder nicht abgetrieben, wenn Sie behindert auf die Welt gekommen wären. Ich weiß nicht, wie oft Sie an einem Wunder der Geburt dabei waren. Hier bei dem Antrag geht es um die Rolle von Stuttgart in der NS Zeit. Des war bei uns vor der Türe. Leider merkt man, dass Sie mit dem Thema nicht vertraut sind oder ein eigenes Trauma in der Familie habe. Wir dürfen nicht leichtfertig mit Leben umgehen.

Wären die Schuldigen damals konsequent und öffentlichkeitswirksam bestraft worden, bräuchten wir heute keine Erinnerungskultur.

Unser Fokus sollte eher auf positiver Zukunft als auf der mittlerweile fast 100 Jahre zurückliegenden, extrem negativen Vergangenheit liegen. Stuttgart hat ein Migrantenanteil von ca. 50 %, die mit der üblichen Nazi-Thematik überhaupt nichts anfangen können und wollen. Daher keine weiteren Steuergelder mehr in solche Projekte.

Die NS Zeit ist für immer Teil der deutschen Geschichte und gerade jetzt sollten wir uns noch intensiver damit auseinandersetzen! Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und es steht niemandem zu zu beurteilen ob ein Leben lebenswert ist oder nicht! Wir dürfen solche Verbrechen nie wieder geschehen lassen!

Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an alle, die sich an dieser wichtigen Diskussion beteiligt haben. Es ist großartig zu sehen, wie unterschiedliche Perspektiven und Meinungen zusammenkommen, um über ein so zentrales Thema wie die NS-Erinnerungskultur zu sprechen.

Eure Beiträge zeigen, wie komplex und emotional dieses Thema ist – und das ist gut so, denn es geht um nichts Geringeres als unsere gemeinsame Verantwortung für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

@Sven122, du hast recht, wenn du sagst, dass eine konsequente und öffentlichkeitswirksame Bestrafung der Schuldigen damals vieles verändert hätte. Doch leider ist die Geschichte anders verlaufen, und genau deshalb brauchen wir heute eine lebendige NS Erinnerungskultur. Sie ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Chance, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und sicherzustellen, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen.

Gleichzeitig verstehe ich deinen Punkt, dass wir uns auch auf eine positive Zukunft konzentrieren sollten.

Doch beides schließt sich nicht aus: Eine aufgearbeitete Vergangenheit ist die beste Grundlage für eine bessere Zukunft ;)

@kuehli, deine Worte treffen den Kern der Sache. Die NS-Zeit ist und bleibt ein fester Teil der deutschen Geschichte, und wir dürfen nie aufhören, uns damit auseinanderzusetzen. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, und niemand darf darüber urteilen, ob ein Leben lebenswert ist oder nicht.

Diese Werte müssen wir immer wieder betonen und verteidigen – gerade in einer Zeit, in denen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung leider wieder auf dem Vormarsch sind.

Tatsache ist, dass Stuttgart eine besondere Verantwortung trägt, wenn es um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit geht. Das damalige Innenministerium, das heute im Gelände des Breuninger in der Dorotheenstraße untergebracht war, war ein Ort, von dem aus die Schreibtischtäter des NS-Regimes ihre menschenverachtenden Befehle gaben.

Von dort aus fuhren die „grauen Busse“ los, um Menschen aus Heilanstalten abzuholen und sie nach Grafeneck zur Vergasung zu bringen.

Es ist unfassbar, dass wir in unserer Stadt eine Grafeneckstraße haben, ohne dass dort angemessen an die Opfer der Aktion T4 erinnert wird – an die behinderten und kranken Menschen sowie die Kinder, die dort ermordet wurden.

Dass wir heute noch öffentlich darüber diskutieren müssen, zeigt, dass die Stadt Stuttgart, der Gemeinderat und viele Initiativen es in 80 Jahren nicht geschafft haben, dieses Problem konsequent anzugehen.

Das ist traurig, aber es ist auch ein Aufruf zum Handeln.

NS Erinnerungskultur ist kein Hindernis für die Zukunft, sondern ein Fundament dafür. Wir dürfen uns auch nicht nur die Rosinen herauspicken, weil Sie spiegelt wider, wie eine Stadt mit ihrer Geschichte umgeht – und damit auch, wie sie ihre Gegenwart und Zukunft gestaltet. In tausenden von Familien wirken die Traumata der NS-Zeit bis heute nach, oft sogar unbewusst, weil sie verschwiegen oder verdrängt wurden. Viele Nachkommen wissen nichts von den Opfern in ihrer eigenen Familie, und doch prägen diese Schicksale ihr Leben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Erinnerungsarbeit leisten – nicht aus Schuldgefühl, sondern aus Respekt und Verantwortung.

Ein Beispiel dafür, wie wichtig und heilsam diese Arbeit sein kann, war die Verlegung von Stolpersteinen letzte Woche in Stuttgart-Ost. Einer dieser Steine erinnert an ein Opfer der Aktion T4. Die Nachkommen haben nicht nur die Stolpersteine, sondern auch die Musik für die Veranstaltung gespendet.

Für diese Familie wurde durch diese Geste ein Teil der Vergangenheit greifbarer und damit auch verarbeitbarer.

Solche Momente zeigen, wie wertvoll NS Erinnerungskultur ist – nicht nur für die Opfer und ihre Familien, sondern für uns alle.

Lasst uns also gemeinsam daran arbeiten, dass Stuttgart seiner Verantwortung gerecht wird.

Lasst uns Orte schaffen, die an die Opfer erinnern, und Diskussionen führen, die uns alle sensibilisieren. Denn nur so können wir sicherstellen, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird und die Zukunft besser wird.

Danke, dass Ihr euch dafür einsetzt!

https://www.instagram.com/reel/DGWh9resktx/?igsh=MXBhaXk2YWRtbjVkaA==

Ganz ehrlich und bei allem Verständnis für die Bedeutung der Grafeneck / T4 Thematik, … der Bürgerhaushalt hat das Ziel den heute hier lebenden Bürgerinnen und Bürgern das Leben in Stuttgart zu verbessern. Blick in die Zukunft

@Nazifrei: meinen absolut ehrlich gemeinten und ohne jeden Zynismus ausgesprochenen Respekt für ihre Antwort weiter oben zu meiner Frage zu behinderten Kindern! Das meine ich ehrlich!

Lieber Anwohner, ich kann Ihnen sagen, dass so eine kleine Erinnerung im positiven Gedächtnis der Menschen die dort wohnen, sich automatisch verändern wird. Es ist und bleibt immer gegenüber den Opfer, deren Familien und der Nachkommen, für alle eine Heilung im Ganzen. Darum bin ich immer fürs erinnern und nicht eine Straßennamen zu entfernen.

Danke pdv, ich bin selbst als Frühchen und mit Hirnhautentzündung, in einer ehemaligen NS Klinik auf die Welt gekommen. Ich kann jeden nur ans Herz legen, die Stolperstein Biografien zu den NS Opfern der Aktion T4, mal durchzulesen. Dazu ein Besuch in Schloss Grafeneck, dann wird vermutlich jeder meinen Vorschlag anders betrachten.