„Wenn Häuser sprechen könnten, was würden sie uns erzählen?“

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Stuttgart (gesamt)
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Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

353
weniger gut: -186
gut: 353
Meine Stimme: keine
Platz: 
1237

Thema: Aufarbeitung der Geschichte der 173 sogenannten „Judenhäuser“ in Stuttgart

Forderungen:

Transparenz schaffen:
Die Stadt Stuttgart soll die vollständige Liste der 173 bekannten Judenhäuser veröffentlichen und deren historische Bedeutung dokumentieren.

Information an die Bewohner und Eigentümer:
Die heutigen Mieter und Eigentümer dieser Gebäude müssen über die Vergangenheit informiert werden.

Aufklärungsarbeit leisten:
Gedenktafeln, Veranstaltungen und Bildungsprogramme sollen die Geschichte der Judenhäuser sichtbar machen und in die NS-Erinnerungsarbeit der Stadt integriert werden.

Zusammenarbeit fördern:
Initiativen -Projekte und Gedenkorte sollen gemeinsam mit der Stadtgesellschaft die Geschichte dieser Orte aufarbeiten und zugänglich machen.

Begründung:
Die Judenhäuser erinnern daran, dass Verfolgung und Entrechtung mitten im Alltag stattfanden. Eine Aufarbeitung dieser verdrängten Geschichte ist eine moralische Pflicht, um Verdrängung und Vergessen entgegenzuwirken. Stuttgart muss Verantwortung übernehmen und die Stadtgesellschaft aktiv einbeziehen, um die Vergangenheit zu bewahren und aus ihr zu lernen.

Wir bitten um finanzielle und politische Unterstützung dieses Projekts im Rahmen des Bürgerhaushalts 2025.

https://www.domino1.stuttgart.de/web/komunis/komunissde.nsf/f52fea0bca3e...$FILE/cbp01_.PDF

„Ich war einmal ein Zuhause voller Lachen und Alltag. Ich sah Kinder spielen, hörte Gespräche bei Tisch und spürte, wie das Leben pulsierte. Doch eines Tages wurde ich zu einem Ort des Zwanges. Menschen wurden hierher verfrachtet, wie Dinge behandelt, und in mir eingesperrt. Die Angst durchzog meine Räume, während draußen die Welt wegsah. Ich habe die letzten Blicke derer gesehen, die nie zurückkehrten. Ich wollte ein Heim sein – doch ich wurde zu einem stillen Zeugen der Unmenschlichkeit.“

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Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland eine weitreichende Verdrängung und VER-Schweigen über die nationalsozialistischen Verbrechen. Viele Täter und Mitläufer blieben unbehelligt, und die Gesellschaft war lange nicht bereit, sich mit der eigenen Verantwortung auseinanderzusetzen. Dokumente wie Judenlisten galten als belastendes Material, das die systematische Organisation des Holocaust und die Mitverantwortung vieler Deutscher offenbarte.

Hinzu kam, dass nach 1945 viele Akten zerstört wurden oder bewusst versteckt blieben. In der jungen Bundesrepublik herrschte ein Klima der Verdrängung, in dem die Priorität auf dem Wiederaufbau und der Reintegration ehemaliger NS-Funktionäre lag. Erst mit der Aufarbeitung in den späten 1970er-Jahren und durch die Arbeit von Historiker:innen, Überlebenden und Initiativen geriet dieses dunkle Kapitel der Geschichte verstärkt ins Bewusstsein.

Auf der Seite der Stadt Stuttgart.

“Sehenswürdigkeiten“

Gedenkorte für Opfer des National­sozialismus
In Stuttgart erinnern Gedenkorte und Installationen an die Opfer des National­sozialismus – vom Museum über Gedenkstätten bis hin zu „Stolpersteinen“. Sie stehen an historischen Orten und mahnen vor rassistischer Ideologie und nationalistischer Diktatur.

Das „Hotel Silber“ ist ein Zeugnis unserer Geschichte.

Bis April 1945 befand sich hier die Gestapo‐Zentrale für Württemberg und Hohenzollern, in der die Nationalsozialisten tausende Menschen einsperrten, folterten und auch ermordeten.

Auf Initiative einer Bürgerbeteiligung wurde das „Hotel Silber“ 2018 zu einem Museum und Lernort umgestaltet.

Die Dauerausstellung im „Hotel Silber“ widmet sich den Themen Täter und ihre Opfer, der Institution Polizei und ihrer Rolle in drei politischen Systemen im 20. Jahrhundert.

Die Stauffenberg‐Erinnerungsstätte ist eine Dauerausstellung im Archivbau des Alten Schlosses. Sie ist den Widerstandskämpfern und Hitler‐Attentätern Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg gewidmet. Gegenüber, direkt vor der Stauffenberg‐Gedenkstätte, befindet sich das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Stuttgart, das 1970 von dem deutschen Bildhauer Elmar Daucher gestaltet wurde. Die vier massiven schwarzen Granitblöcke sollen zum Ausdruck bringen, wie schwer die Zeit der Gewaltherrschaft für die NS‐Opfer war.

Die Gedenkstätte Killesberg und die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ erinnern an die Deportation von über 2000 Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma aus Stuttgart und Südwestdeutschland durch die Gestapo in den Jahren 1941 und 1942. Der Sammelplatz vor den Deportationen befand sich auf dem Killesberg, wo heute ein Stahlring im Boden an die systematische Ermordung der Menschen erinnert. Vom Stuttgarter Nordbahnhof aus fuhren die Züge in die Vernichtungslager Auschwitz sowie in die Ghettos Riga, Theresienstadt und Izbica. Fünf historische Gleise sind heute stumme Zeitzeugen. Hier entstand die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“.

An die Opfer des Nationalsozialismus erinnern auch die sogenannten „Stolpersteine“ im Stuttgarter Stadtgebiet: quadratische Steine, zehn mal zehn Zentimeter groß, bündig in den Gehweg eingelassen. Wer die glänzende Messingplatte vor einem Haus sieht, soll kurz innehalten vor der Gedenktafel im Boden, auf der die Namen und Lebensdaten der NS‐Opfer stehen, die hier gewohnt haben. Seit 1996 verlegt der Künstler Gunter Deming seine „Stolpersteine“ gegen das Vergessen in ganz Europa, in Stuttgart gibt es mehr als 1000 Stolpersteine.

#wirerinnern

Hier der Artikels aus dem Amtsblatt der Stadt Stuttgart vom 10. August 1939:

Regelung der Mietverhältnisse mit den Juden in Stuttgart

Auf Grund des Gesetzes über Mietverhältnisse vom 30. April 1939, das am 1. Mai 1939 in Kraft getreten ist, wurde in Stuttgart eine Regelung getroffen, wonach sämtliche in arischem Hause wohnenden Juden bis spätestens 1. Dezember 1939 ausziehen müssen. Dies hat zur Folge, dass die Möglichkeit besteht, sämtliche bereits hier ansässigen Juden und Judenfamilien im jüdischen Hausbesitz unterzubringen. Bei dieser Sachlage ergibt sich jedoch, dass es sich nach dem Gesetz möglichst aufdrängt, eine planmäßige Unterbringung der im arischen Hausbesitz befindlichen Juden unter Anordnung von Zwangsmaßnahmen, vielmehr nur auf der Grundlage des Gesetzes in Einvernehmen mit der NSDAP, der Kreisleitung Stuttgart in Stuttgart vorläufig folgende Regelung der Mietverhältnisse mit Juden getroffen:
1. Sämtliche Juden in Stuttgarter arischem Hausbesitz werden hiermit öffentlich aufgefordert, sich bis spätestens 1. Dezember 1939 im jüdischen Hausbesitz einzumieten.
2. Die jüdischen Hausbesitzer und die jüdischen Mieter werden hiermit verpflichtet, sämtliche von Juden bewohnten Wohnungen in jüdischem Hausbesitz restlos den jüdischen Mietern aus arischem Hausbesitz in Stuttgart bis spätestens 1. Dezember 1939 in ungekürztem Umfang zu Verfügung zu stellen.
3. Für den Fall, dass sich jüdische Mieter nicht bis spätestens 1. Mai 1939 aus Stuttgarter arischem Hausbesitz entfernt haben, werden polizeiliche Maßnahmen zur Durchführung der Wohnungsräumung angeordnet.
4. Die jüdischen Hausbesitzer sind verpflichtet, ihre Wohnungen in erster Linie an aus dem arischen Hausbesitz kommende Juden zu vermieten.

Zur weiteren Durchführung der Regelung ist die nachfolgende Statistik über die derzeitigen Wohnverhältnisse der Juden in Stuttgart maßgebend:

Status Anzahl der Häuser Anzahl der jüdischen Familien Anzahl der Personen
Jüdischer Hausbesitz und keine Belegung 49 202 2616
Jüdischer Hausbesitz, soweit mit Juden belegt 349 1004 3718
Gesamt 398 1206 6334

Der jüdische Hausbesitz, der Mitte 1933 noch rund 700 Häuser umfasste, hat sich nach der Zahl der jüdischen Hausbesitzer auf etwa 290 Häuser mit etwa 825 jüdischen Wohnungen reduziert.

Die Gemeindeorgane sind in der Lage, eine planmäßige Belegung jüdischer Häuser mit jüdischen Mietern durchzuführen. Die auf Grundlage dieser Regelung entstehenden Mietverträge sind dem Wohnungs- und Siedlungsamt zur Einsichtnahme vorzulegen.

Die Stadt Stuttgart, 8. August 1939.

Der Oberbürgermeister
Wohnungs- und Siedlungsamt

Dieser Artikel zeigt die systematische Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus ihrem bisherigen Wohnraum und ihre erzwungene Umsiedlung in sogenannte „Judenhäuser“. Dies war ein wesentlicher Schritt in der Vorbereitung auf spätere Deportationen und verdeutlicht die diskriminierende Stadtplanung im Nationalsozialismus.

AINDA LEMBRO

JE ME SOUVIENS = Ich denke dran

sehr wichtig!