Ergebnisbericht zum Bürgerhaushalt Stuttgart

Der Gemeinderat hat am 24.03.2011 das Verfahren zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Aufstellung des Doppelhaushalts 2012/2013 beschlossen (sog. Bürgerhaushalt). Das Verfahren wurde im Juli 2011 durchgeführt. Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter konnten vom 01. bis zum 22. Juli Vorschläge abgeben und diese vom 01. bis zum 29. Juli mit einer Stimmabgabe bewerten. In diesem Zeitraum haben 8.983 Stuttgarterinnen und Stuttgarter 1.745 Vorschläge zu vielen Aufgabenbereichen der Landeshauptstadt abgegeben und diese mit 243.404 Stimmen bewertet. Das Ergebnis der Beteiligungsphase wurde im Zwischenbericht zum Bürgerhaushalt vom 03. August 2011 bereits dargestellt.

Zu den bestbewerteten 121 Vorschlägen hat die Verwaltung Stellungnahmen erarbeitet, in denen dargestellt wurde, wie die Vorschläge fachlich einzuschätzen sind, also ob die Stadtverwaltung zuständig ist und wie die Vorschläge im Hinblick auf die Machbarkeit und Finanzierbarkeit zu beurteilen sind. Das Abstimmungsergebnis der Bürger samt Stellungnahmen der Verwaltung wurde dem Gemeinderat mit der Gemeinderatsvorlage 842/2011 noch vor den Haushaltsberatungen vorgelegt.

Nach Abschluss der Beratungen über den Doppelhaushalt 2012/2013 steht nunmehr auch fest, welche Bürgervorschläge auf Grund der Beschlüsse im Rahmen der Haushaltsberatungen umgesetzt werden können. Wie der Gemeinderat bereits bei der Einführung des Bürgerhaushaltsverfahrens angekündigt hatte, wurden auch Vorschläge vom Gemeinderat aufgegriffen, die es nicht unter die bestbewerteten 121 Vorschläge geschafft haben.

Insgesamt wurden von den Gemeinderatsfraktionen in deren Haushaltsanträgen 192 Vorschläge in das Haushaltsberatungsverfahren einbezogen, wovon 59 Vorschläge unter den bestbewerteten 121 Vorschlägen sind (sog. TOP 121) und die weiteren 133 Vorschläge nach dem Abstimmungsergebnis im Ranking einen hinteren Platz belegt haben. Zum besseren Verständnis ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der Antragslage bzw. der Prioritätensetzung ein erheblicher Teil der unterbreiteten Vorschläge von den Fraktionen ohnehin aufgegriffen und beschlossen worden wären. Gleichwohl waren die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung – wie auch die Vertreter/ innen der Fraktionen zum Ausdruck gebracht haben – in den weiteren Beratungen hilfreich für die Posititionsbestimmung der Fraktionen.

Nach den Entscheidungen des Gemeinderats im Rahmen der Haushaltsberatungen werden von den 192 aufgegriffenen Vorschlägen 147 umgesetzt bzw. später noch endgültig entschieden. Lediglich 45 der aufgegriffenen Vorschläge werden aufgrund anderer Prioritäten nicht umgesetzt.

 

  TOP 121 122 ff Gesamt
Aufgegriffene Vorschläge 59 133 192
davon:      
beschlossen 21 63 84
teilweise beschlossen 9 16 25
bereits umgesetzt 2 0 2
wird umgesetzt 7 10 17
wird teilweise umgesetzt 1 2 3
wird später entschieden 5 10 15
wird geprüft 1 0 1
abgelehnt 7 20 27
wird nicht umgesetzt 6 11 17
Stadt ist nicht zuständig 0 1 1

Einzelergebnisse der Haushaltsberatungen

Die vom Gemeinderat beschlossenen bzw. weiter zu bearbeitenden 147 Vorschläge verteilen sich auf 91 Themen.

Aufgegriffen und beschlossen hat der Gemeinderat die im Bürgerhaushaltsverfahren am besten bewerteten Vorschläge wie die Sanierung des Freibades Sillenbuch (Ranking Nr. 1), den Neubau der Kinder- und Jugendfarm Zuffenhausen (Nr. 2), die Verbesserung der Beschäftigungsanreize für Erzieher/innen in städtischen Kindertageseinrichtungen (Nr. 3) sowie die Ausweitung der Förderung des Gauthier Dance (Nr. 4), aber auch einzelne Vorschläge, die im Ranking weiter hinten lagen wie z.B.: der Kunstrasenplatz der Sportvereinigung Feuerbach (Nr. 1475), die Planungskosten für den Neubau einer Schul- und Mehrzweckturnhalle in Uhlbach (Nr. 1444) und die Mittel für die städtebauliche Weiterplanung des Schoch-Areals (Nr. 1371).

Bezogen auf die 147 beschlossenen bzw. weiter zu bearbeitenden Vorschläge liegt der Schwerpunkt in den Themenbereichen Kinder, Jugend, Familie mit 32 Vorschlägen und im Bereich Schule und Bildung mit 20 Vorschlägen. Im Bereich Kinder, Jugend und Familie gehören hierzu der Neubau des Farmgebäudes Zuffenhausen, die Erhöhung des Mindestpersonalschlüssels in Kindertageseinrichtungen (Nr. 16) und der Ausbau von Hortplatzen (Nr. 37). Im Bereich Schule und Bildung wurden der Ausbau der Schulsozialarbeit (Nr. 11), die Erhöhung der Schuletats (Nr. 92) und die energetische Schulhaussanierung (Nr. 79) aufgegriffen.

Unabhängig von den Vorschlägen zur Verbesserung des Bildungs- und Betreuungssystems ist darauf hinzuweisen, dass die Stadt Stuttgart in den Jahren 2012/2013 so viel Geld wie nie zuvor in die Bereiche Bildung und Betreuung investiert. Zentrale Punkte bei den Entscheidungen des Gemeinderats waren die Schulsanierungen, die Schaffung von zehn Ganztagesschulen, die Einrichtung von Schülerhäusern und der weitere Ausbau der Kleinkindbetreuung. Für laufende Aufwendungen und Investitionen stehen in beiden Haushaltsjahren im Schulbereich 645 Mio. EUR und im Bereich Kindertagesbetreuung 584 Mio. EUR zur Verfügung.

Im Bereich Verkehr wurden 16 Vorschläge, wie zum Beispiel der Grünpfeil für Rechtsabbieger (Nr. 29), mehr Kreisverkehre statt Ampeln (Nr. 47) und die Sanierung der Stäffele (Nr. 88) und im Bereich Sport und Bäder 13 Vorschläge (wie die Sanierung des Freibades Sillenbuch und der Bau eines Mountainbike- oder Downhill- Parcours zwischen Degerloch und Stuttgart-Süd (Nr. 392)) beschlossen.

Darüber hinaus wurden bei den Themenfeldern Kultur und Stadtplanung jeweils 10 Vorschläge umgesetzt. Hierzu zählen unter anderem im Bereich Kultur die Förderung von Gauthier Dance (Nr. 4), die unbürokratische Hilfe bei der kulturellen Nutzung von Off-Locations (Nr. 51) oder die Förderung der Freiwilligen Kulturszene (Nr. 69). Zum Thema Stadtplanung wurden z.B. Planungsmittel für die naturnahe Gestaltung des Neckars (Nr. 10), die Sanierung des Feuersees (Nr. 96) und die Neubeplanung des Schoch-Areals (Nr. 1371) berücksichtigt.

Beim Radverkehr konnten acht Vorschläge, wie die Radwege am Feuerbacher Tal (Nr. 291) und am Kräherwald (Nr. 710), aber auch generell der Ausbau des Radwegenetzes (Nr. 34) aufgenommen werden. Im Aufgabenbereich Sicherheit und Ordnung wurden sieben Vorschläge, wie das Rauch- und Alkoholverbot auf Spielplätzen (Nr. 32), die Erhöhung des Budgets für die Branddirektion (Nr. 39) und die stärkere Reduzierung der Taubenpopulation (Nr. 56) aufgegriffen.

Aus den Themenbereichen Soziales sowie Finanzen sind jeweils fünf Vorschläge wie beispielsweise die Förderung des Zentrums für Selbstbestimmtes Leben e.V. (Nr. 1.267) oder die Förderung des Familien und Stadtteilzentrums Untertürkheim (Nr. 1.040) sowie zum Thema Finanzen die Besteuerung von Wettbüros (Nr. 97) und die Erhöhung der Vergnügungssteuer (Nr. 285) umgesetzt worden.

Beim Aufgabengebiet Gesundheit wurden vier Vorschläge wie beispielsweise die Erhöhung der Zuschüsse an die Krankenhäuser (Nrn. 424 und 693) aufgegriffen; Ebenso jeweils vier Vorschläge wurden bei den Themen Grünflächen, Wald und Friedhöfe sowie im Bereich Umwelt (wie die Pflanzung weiterer Bäume, vgl. Nrn. 94 und 208 oder die Aufstockung des städtischen Naturschutzfonds, vgl. Nrn. 846 und 1.328) umgesetzt.

In den Bereichen Energie und Wohnungsbau wurden jeweils 3 Vorschläge beschlossen und im Bereich ÖPNV zwei Vorschläge. Hierzu gehören beispielsweise der Bau von Solaranlagen (Nr. 17), die Förderung von Sozialmietwohnungen (Nr. 117) und die barrierefreie Gestaltung von drei Stadtbahnhaltestellen (Nr. 197).

Nicht aufgegriffene Vorschläge

Zu den nicht aufgegriffenen bzw. nicht beschlossenen Vorschlägen gehören zum Beispiel Vorschläge, die sich auf das Thema Stuttgart 21 beziehen, da der Gemeinderat hier bereits anders entschieden hat. Hierzu gehören aber auch Vorschläge, für die die Stadt nicht zuständig ist, wie die Kennzeichnung für Polizeibeamte (Nr. 86) oder Vorschläge, die aufgrund anderer Prioritäten im Doppelhaushalt 2012/2013 nicht berücksichtigt werden konnten wie die Beleuchtung von Bushaltestellen mit Solarstrom (Nr. 64).

Verteilung der Vorschläge auf die Stadtbezirke

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurden die Bürgerinnen und Bürgern gebeten, ihre Vorschläge – sofern möglich – einem bestimmten Stadtbezirk zuzuordnen. Danach verteilen sich die Vorschläge wie folgt (in Klammer angegeben ist die Anzahl der vom Gemeinderat aufgegriffenen Vorschläge):

Stadtteil Anzahl aufgegriffen
BadCannstatt 63 (6)
Birkach 6 (0)
Botnang 18 (6)
Degerloch 23 (5)
Feuerbach 64 (10)
Hedelfingen 5 (0)
Möhringen 21 (2)
Mühlhausen 26 (1)
Münster 17 (4)
Obertürkheim 8 (4)
Plieningen 12 (1)
Sillenbuch 25 (3)
Stammheim 9 (3)
Stuttgart-Mitte 101 (6)
Stuttgart-Nord 40 (2)
Stuttgart-Ost 52 (1)
Stuttgart-Süd 57 (0)
Stuttgart-West 80 (7)
Untertürkheim 6 (1)
Vaihingen 47 (1)
Wangen 7 (0)
Weilimdorf 43 (3)
Zuffenhausen 38 (3)
Stuttgart gesamt 977 (78)

Evaluation

Wie angekündigt wird nun im Anschluss an das erste Bürgerhaushaltsverfahren der Stadt Stuttgart eine Evaluation durchgeführt. Dabei soll unter Beteiligung der Gemeinderatsfraktionen, des Arbeitskreises Bürgerhaushalt und der Volkshochschulefestgestellt werden, was gut gelaufen ist und wo und in welcher Weise das Verfahren künftig verändert bzw. verbessert werden kann. Zu diesem Zweck wurden folgende personenbezogene Daten mit Hilfe der Angaben, die von den Teilnehmern bei der Anmeldung auf der Online-Plattform gemacht wurden, erhoben.

Teilnehmer am Bürgerhaushalt

Die Zahl der Teilnehmer am Bürgerhaushalt Stuttgart beläuft sich auf 8.983 Teilnehmer; sie verteilt sich wie folgt auf die einzelnen Stadtbezirke:

Stadtbezirk Anzahl Teilnehmer Anteil an der Einwohnerzahl
Bad Cannstatt 760 1,12%
Birkach 83 1,23%
Botnang 313 2,33%
Degerloch 458 2,74%
Feuerbach 332 1,18%
Hedelfingen 113 1,21%
Möhringen 349 1,15%
Mühlhausen 217 0,84%
Münster 167 2,60%
Obertürkheim 89 1,05%
Plieningen 100 0,77%
Sillenbuch 767 3,17%
Stammheim 212 1,75%
Stuttgart-Mitte 404 1,78%
Stuttgart-Nord 394 1,50%
Stuttgart-Ost 648 1,36%
Stuttgart-Süd 635 1,44%
Stuttgart-West 828 1,60%
Untertürkheim 173 1,05%
Vaihingen 597 1,31%
Wangen 87 1,00%
Weilimdorf 516 1,64%
Zuffenhausen 741 2,08%

Rund 76 Prozent aller Teilnehmer/innen hatten sich am Bürgerhaushalt über die Online- Plattform beteiligt. Weitere rund 23 Prozent reichten ihre Vorschläge und Bewertungen zum Bürgerhaushalt in schriftlicher Form ein. Darüber hinaus fand 1 Prozent der Beteiligung telefonisch statt. Von den insgesamt 1.745 Vorschlägen wurden 1.613 Vorschläge online eingereicht; 54 Teilnehmerinnen bzw. 49 Teilnehmer haben ihre Vorschläge schriftlich abgegeben und 18 Teilnehmerinnen bzw. 11 Teilnehmer telefonisch.

Die Altersstruktur der Teilnehmer am Bürgerhaushalt Stuttgart und die Beteiligung nach dem Geschlecht stellen sich wie folgt dar:

  Anzahl Teilnehmer
 
  Einwohneranteil Beteiligung in Prozent
Alter online schriftlich/ telefonisch gesamt    
bis 18 34 173 207 90894 0,23%
18 bis 29 855 94 949 102963 0,92%
30 bis 44 2370 444 2814 146825 1,92%
45 bis 64 2459 341 2800 144523 1,94%
65 und älter 462 330 792 105229 0,75%
           
  Anzahl Teilnehmer       
Geschlecht web schriftlich telefonisch gesamt in Prozent
Frauen 3455 1260 18 4733 53%
Männer 3429 810 11 4250 47%
Gesamt 6884 2070 29 8983 100%

 

Die Themen der über die Online-Plattform eingereichten Vorschläge verteilen sich wie folgt auf das Geschlecht der Teilnehmer:

  Vorschläge  in Prozent 
Thema Männer Frauen Männer Frauen
Abfall, Straßenreinigung 20 28 2,3% 4,6%
ÖPNV 79 47 9,2% 7,7%
Energie 23 6 2,7% 1,0%
Gesundheit 11 10 1,3% 1,6%
Grünflächen, Wald, Friedhöfe 38 39 4,4% 6,4%
Kinder, Jugend ,Familie 41 81 4,8% 13,2%
Kultur 38 26 4,4% 4,2%
Radverkehr 36 29 4,2% 4,7%
Schulen, Bildung 33 54 3,8% 8,8%
Senioren 5 1 0,6% 0,2%
Sicherheit, Ordnung 49 24 5,7% 3,9%
Soziales 28 13 3,2% 2,1%
Sport,Bäder 47 27 5,4% 4,4%
Stadtplanung 64 43 7,4% 7,0%
Steuern, Finanzen 32 8 3,7% 1,3%
Stuttgart 21 8 10 0,9% 1,6%
Umwelt 12 17 1,4% 2,8%
Verkehr 230 122 26,6% 20,1%
Verwaltung 43 13 5,0% 2,1%
Wirtschaft 8 4 0,9% 0,7%
Wohnungsbau 14 8 1,6% 1,3%
Zusätzliche Themen 4 2 0,5% 0,3%

Über das Ergebnis der Evaluation wird nach deren Abschluss im Frühjahr 2012 in dem Abschlussbericht über das Stuttgarter Bürgerhaushaltsverfahren berichtet werden.

Volker Schaible

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