Hotel Silber: Die Stadt Stuttgart soll die Hälfte der Betriebskosten für den zukünftigen Lern- und Gedenkort übernehmen.

Nr. 3863 | von: Harri |
Stadtbezirk: 
Stuttgart (gesamt)
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Thema: 
Kultur
|
Wirkung: 
Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

598
weniger gut: -212
gut: 598
Meine Stimme: keine
Platz: 
54
in: 
2013

Der jahrelange Kampf zahlreicher Bürgerinnen und Bürger gegen den Abriss der ehemaligen Gestapozentrale war erfolgreich. Die Landesregierung hat im Frühjahr 2011 beschlossen: Das Hotel Silber bleibt erhalten. Seit einem Jahr verhandeln das Land, die Stadt Stuttgart und die im Verein Initiative Lern-und Gedenkort Hotel Silber e.V. zusammengeschlossenen Organisationen der Erinnerungsarbeit über die Trägerschaft und das Konzept des Lern- und Gedenkortes sowie über die Beteiligung der Initiativen. Eine Einigung ist in Sicht.

Das Hotel Silber als Lern- und Gedenkort bietet im authentischen Gebäude, an einem zentralen Ort des Geschehens, Raum für die gegenwartsbezogene Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte Stuttgarts und Württembergs. Schulklassen aus Stuttgart und Umgebung erhalten einen außerschulischen Lernort. In der Erinnerungsarbeit engagierte Stuttgarterinnen und Stuttgarter können sich austauschen und finden Beratung. Die Stuttgarter Stadtgesellschaft bekommt einen Ort der Verständigung über die Grundlagen der Demokratie und der Menschenrechte, eine Werkstatt der Auseinandersetzung mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie.

Um die Realisierung zu ermöglichen, hängt jetzt alles ab von einer gesicherten Finanzierung. Das Land ist bereit die Umbaukosten zu tragen. Die Kosten der Ausstattung und die laufenden Kosten müssen fair zwischen Land und Stadt verteilt werden. Die Stadt Stuttgart soll ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Der Gemeinderat soll durch einen Haushaltsbeschluss das Projekt absichern.

Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.
info@hotel-silber.de

Gemeinderat prüft: 
ja
Stellungnahmen und Beschlüsse
Umsetzung: 

Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg erarbeitet derzeit die Konzeption der Dauerausstellung in enger Zusammenarbeit mit der Initiative Hotel Silber e.V. Die Voruntersuchungen zum Umbau der für den Erinnerungsort vorgesehenen Flächen finden aktuell statt.

Land und Landeshauptstadt verhandeln derzeit abschließend den Kooperationsvertrag unter Einbeziehung der Initiative Hotel Silber e.V. Die vom Gemeinderat beschlossenen Mittel sind im laufenden Doppelhaushalt eingestellt; die öffentlichen Veranstaltungen in der Dorotheenstraße 10 finden statt.

Ergebnis Haushaltsberatungen: 
Der Gemeinderat hat in den HH-Planberatungen beschlossen, dass sich die Stadt an den einmaligen Ausstattungskosten mit 1,5 Mio. EUR sowie an den laufenden Betriebskosten ab 2016 mit jeweils 250.000 EUR beteiligt. Dies entspricht einer hälftigen Beteiligung (ohne Mietkosten) und umfasst die Nutzung des UG, EG und 1. OG im künftigen Erinnerungsort "Hotel Silber". Für die zusätzlich beantragte Einbeziehung des 2. OG gab es aber keine Mehrheit im Gemeinderat. Darüber hinaus werden bis zur Eröffnung des Lern- und Gedenkortes im "Hotel Silber" jeweils 30.000 EUR in den Jahren 2014 und 2015 für die Fortsetzung der Veranstaltungstätigkeit bereitgestellt.
Gemeinderat hat zugestimmt

Stellungnahme der Verwaltung: 

Die Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag auf den Erhalt des Gebäudes Dorotheenstraße 10 festgelegt mit dem Ziel, in den nicht völlig im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudeteilen einen "Erinnerungsort Hotel Silber" einzurichten.

Gemeinsam mit dem Verein "Lern- und Gedenkort Hotel Silber", der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten Baden-Württemberg (LAGG), der städtischen Kulturverwaltung, dem Haus der Geschichte (HdG), dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft ist auf operativer Ebene ein inhaltlicher Konsens erarbeitet worden:
~ Trägerschaft Haus der Geschichte
~ Einbindung des Vereins und damit des teilweise langjährigen bürgerschaftlichen Engagements auf Dauer in den Betrieb des Erinnerungsortes
~ wissenschaftlicher Beirat
~ Runder Tisch unter Einbeziehung Bürgerschaft, Fraktionsvertretung Gemeinderat und Landtag
~ konzeptionelle Basis durch eine wissenschaftliche Erarbeitung des Haus der Geschichte liegt vor; 2 befristete wissenschaftliche Stellen arbeiten dort an diesem Thema.
~ bis zu 1.300 qm Nutzfläche als Endziel.

Auf dieser Basis werden momentan gebäudebezogene Kosten von bis zu 5 Mio. € für den Umbau (Landeslast) angenommen; dazu kommen laufende Kosten von 200.000 € Jahresmiete an die Landesstiftung Baden-Württemberg (Stiftungssatzung erzwingt Marktmietzahlung). Diese Mietkosten sowie die gedenkstättenbezogenen Kosten sollen hälftig vom Land bzw. der Landeshauptstadt finanziert werden. Folgende gedenkstättenbezogenen Kosten stehen noch im Raum: Erstinvestition ca. 3 - 3,5 Mio. €, Betriebs- und Personalkosten 800.000 € im Jahr.

Dies bedeutet aus heutiger Sicht bei einer angenommenen 50-Prozent-Finanzierung durch die Landeshauptstadt einmalig Kosten von 1,5 bis 1,75 Mio. Euro, sowie dauerhaft zu finanzierende laufende Kosten von 400.000 Euro (ohne Mietkosten).

Wenn sich Stadt und Land auf eine Finanzierungsform einigen, kann diese vom Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsplanberatungen im Herbst 2013 entschieden werden. Eine Eröffnung des Gedenkortes kann aus heutiger Sicht frühestens 2016 erfolgen.

Unter OB Dr. Schuster hat der Ältestenrat prinzipiell einer Beteiligung der LHS an einem Erinnerungsort "Hotel Silber" zugestimmt. Dieser prinzipiellen Zustimmung hat sich der neue Oberbürgermeister Kuhn angeschlossen.

Zum Hotel Silber wurde folgender Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft bzw. Stellungnahme der Verwaltung hierzu in 2013 schon erstellt: 47/2013 "Wo stehen die Planungen für den Lernort "Hotel Silber"?

Kommentare

12 Kommentare lesen

Wanda55 |

Die Idee, aus dem Hotel Silber einen Gedenkort zu machen, klingt zunächst wirklich bestechend und wenn es tatsächlich soweit kommt - wonach es aussieht - sollte sich die Stadt selbstverständlich an den Kosten beteiligen. Allerdings gebe ich grundsätzlich zu bedenken, dass es bereits jetzt einige Möglichkeiten gibt, Opfern des NS-Regimes zu gedenken, die kaum genutzt werden. So ist etwas die Stauffenberg-Gedenkstääte fast immer leer. Warum dann in ein nicht mehr historisches Gebäude derartige Summen gesteckt werden sollen, nur damit es dann auch nicht weiter beachtet wird, frage ich mich in Zeiten knapper Kassen schon. Dann doch lieber in Jugendhäuser, Streetworker o.ä. investieren, um aktiv zu verhindern, dass Jugendliche, die sich ausgegrenzt fühlen, zu gewaltbereiten Menschen heranwachsen und sich eventuell auch noch mit rassitischem Gedankengut identifizieren lernen. Bei aller Notwendigkeit des Gedenkens halte ich es für wichtiger, in die Zukunft zu investieren.

Rupp |

Die Investition ins Hotel Silber ist eine Investition in die Zukunft. Ich knüpfe an den Kommentar meiner Vorgängerin hier an: Gerade der Vergleich mit der Stauffenberg-Gedenkstätte ist erhellend. Was interessieren mich "Widerstandskämpfer", die sich zu diesem Widerstand entschlossen haben, als sie sahen, dass die eigene Seite dabei war den Krieg zu verlieren? Und nicht etwa, als die Gasöfen von Auschwitz gebaut wurden, oder noch viel früher! Im "Hotel Silber" dagegen soll das Verhalten von Menschen dokumentiert werden, die, als die demokratische Kontrolle wegfiel und der ideologische Anreiz da war, aus ihren Vorurteilen gegen Andersdenkende, -fühlende und -lebende oder einfach nur anders Etikettierte eine mörderische Wirklichkeit werden ließen, und das, ohne sich je für ihr Verhalten verantwortlich fühlen zu müssen. Ist das kein Lernstoff für eine Zukunft, die hoffentlich besser wird? Es geht hier ebenso wie um die Opfer um die Täter, und ich denke, daran kann ein großes Interesse bestehen. Und außerdem: Der Ort ist auch der Substanz nach historisch, der Ostflügel ist das Gebäude aus der Zeit des Nationalsozialismus bis auf die Inneneinrichtung und die Außendekorationen.

RaiRamon |

Der Lernort sollte aus schulpädagogischer Sicht ein Anliegen des Landes, u.a. des Kultusministeriums sein.
als Museum, als Ort der Denkkultur und Ort des geschichtspolitischen Bewusstseins sollte seitens der Stadt die Mitfinanzierung ähnliche Priorität haben, eine jeweilige 50% Finanzierung für den Betrieb und Erhalt macht daher sehr viel Sinn.

Janka Kluge |

Es gibt in Stuttgart keinen anderen Ort, an dem sich die Schreckensherrschaft der Nazis deutlicher machen lässt, als an der ehemaligen Gestapo-Leitstelle für Württemberg / Hohenzollern. In diesem Haus wurden die Verbrechen der Nazis, von der Verfolgung der Kommunisten, Sozialdemokraten und den Gewerkschaftlern bis zur Deportation der Sinti und Roma und der jüdischen Bevölkerung geplant.
Bei den Stadtrundgängen und -Fahrten des Stadtjugensdring ist das Hotel Silber seit jeher ein fester Bestandteil der Touren. ich bin mit Hunderten von Schülern bereits vor dem Gebäude gestanden um die Geschichte zu erzählen.
Stuttgart braucht dringend so einen Lern und Gedenkort an dem alle Generationen aus der Vergangenheit lernen können.

Peter Wagner |

Als ich zur Schule ging wurde uns garnichts über die Schreckensherrschaft der Nazi´s gesagt.
alles was ich heute weis habe ich mir selber aneignen müssen. Deshalb ist es sehr wichtig, daß die Jugendlichen aufgeklärt werden und das Hotel Silber zu einem wirklichen Lern- und Gedenkort ausgebaut wird.

Zeus |

Hotel Silber soll unterstützt werden

Franzwilhelm |

Der erste Schritt zum Erhalt des Gebädes Dorothenstr. 10 war mühsam. Ich bin überzeugt, dass es in Stuttgart viele Bürger gibt, die sich auch gegen historische Halbwahrheiten erfolreich durchsetzen. - Die angebotenen Flächen werden von den Mitgliedern der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V. gefüllt und belebt werden. Die Kostenbeteiligung der Stadt bewerte ich als drigend geboten und gut.

Tom Trojan |

Der Erhalt des Hotel Silber ist zwingend nötig.
Aber warum soll "die Stadt" oder "das Land" dafür zahlen das ist nur eine Beschönigung, in Wirklichkeit zahlen doch die Lohnabhängigen dafür...
Warum sind wir nicht dafür das die Firmen aus der Region die von Zwangsarbeit profitiert haben dieses Vorhaben finanzieren...?
Lg Trojan

Schwabenoffensive |

Wenn es konkret wird mit der geschichtlichen Verantwortung dem schaffen von Lern- und Bildungsorten, geht meist das hin- und hergeschiebe los. Deshalb: hier muss auch die Stadt finanzielle Verantwortung übernehmen.

Bürger3001 |

Es wäre eine Schande für diese Stadt, sich nicht am Betrieb des Hotels Silber zu beteiligen. Aus allen Stuttgarter Stadtbezirken mussten Menschen, die gegen das menschenverachtende Hitlerregime eintraten, im Hotel Silber leidvolle Erfahrungen machen. Hier sei z.B. nur an Gertrud Müller aus Weilimdorf erinnert, die aus dem Hotel Silber ihren Leidensweg ins KZ antreten musste. In einem Lern- und Gedenkort im Hotel Silber besteht die Möglichkeit, solides Wissen über das NS-Regime vor Ort zu vermitteln.
Im Gegenzug muss die Stadt den Zuschuss zum Turmforum aufkündigen, da dort vorsätzlich falsche Informationen mit unseren Steuergeldern verbreitet werden. Damit ist auch ein großer Teil für das Hotel Silber finanziert.

drimer71 |

Ein NS-Dokucenter in Stuttgart ist längst überfällig. Bisher gibt es weder einen zentralen Lern- und Gedenkort, der v. a. für die jüngere Generation die dunkelste Periode deutscher Geschichte aufzeigt, noch eine aussagekräftige Studie über die Arisierungen und die damit einhergehenden Rechtsbeugungen. Ein Gedenkort Hotel Silber könnte beides vereinen und damit einen Teil zur Wiedergutmachung beitragen. Auf jeden Fall unterstützenswert!